Seit März 2015 veröffentlicht die überregionale Klavierstimmerei Praeludio® auf einer eigenen Seite Hörbeispiele von Klavierstimmungen aus dem Raum Weiden in der Oberpfalz. Die Audiodateien sind ausgelagert. Wenn Sie auf ein Hörbeispiel klicken, öffnet sich die neue Seite hearthis.at/praeludio
Zu den Klavieren gibt es eine Reihe interessanter Fragen, die selten diskutiert werden, aber für Klavierkäufer und Klavierbesitzer aufschlussreich sind:
Um die letzte Frage aufzugreifen: Es gibt in der Verstimmung Unterschiede. Die Unterschiede stehen im Zusammenhang mit der Konstruktion sowie mit der Nutzung und in dem Zusammenhang auch der Nicht-Nutzung. Das heißt, wird ein Klavier über 10, 20, 30,... 50 oder sogar 100 Jahre nicht gespielt und daher auch nicht gestimmt, so kann es sich außergewöhnlich stark verstimmen. Normalerweise verstimmen sich Klaviere in Zeiträumen von 1-3 Jahren relativ gleichmäßig. Wenn Sie sich also für ein Klavier interessieren, und es beim Probespielen nicht durch stark verstimmte Töne oder insgesamt durch eine stark abweichende Verstimmung auffällt, so ist das Risiko beim Kauf relativ gering. Hören Sie aber stark verstimmte Einzeltöne, dann ist Vorsicht angebracht. Wenn sich diese krass verstimmten Töne häufen, würde ich an Ihrer Stelle vor dem Kauf einen Fachmann zu Rate ziehen, der das Piano Ihrer Wahl begutachtet. Ist jedoch der Kaufpreis niedrig, so sind Käufer leicht verführt, das Risiko quasi in Kauf zu nehmen. Sicher ist der Geldverlust überschaubar. Aber nach dem Kauf müssen Sie noch einen Klaviertransport stemmen und wenn Ihre Risikobereitschaft am Ende nicht belohnt wird, dann ist die Enttäuschung groß.
Diese Gedanken hat die überregionale Klavierstimmerei Praeludio® im Hinterkopf, wenn es zu einer Begegnung mit einem derartig verstimmten Klavier kommt. Das Instrument ist bereits gekauft. Die Beratung kommt zu spät. Also gilt es, mit persönlichem Einsatz und aller Erfahrung das Unmögliche möglich zu machen, und das Klavier so gut wie möglich zu stimmen und spielbar zu machen - auch wenn sich im Verlauf der Überprüfung vor dem Stimmen bereits ein Schaden im Stimmstock feststellen lässt.
Das Projekt Gute Stimmung macht Fortschritte. Am Ende angekommen geht es in die nächste Runde. Bei einigen Tasten ist aufgefallen, dass sie dazu tendieren, hängen zu bleiben. Also schaut man sich den möglichen Grund an und behebt diesen am besten gleich im Vorfeld, so dass es gar nicht erst zu klemmenden Tasten kommt. Denn Hänger in der Spielart in der Spielart trüben die gute Stimmung der Klavierspieler.
Im nächsten Schritt schaut man sich weitere Auffälligkeiten an. Zum Beispiel wurde von einem meiner Vorgänger in dem bereits gerissenen Stimmstock ein stärkerer Stimmnagel eingesetzt. Dieser Ton klingt seltsam. Wenn man sich den Steg genauer anschaut, dann fällt schon beim Blick auf das Muster der Saiten auf (siehe Bilder unten in dem Tweet bei Twitter), dass der Saitenabstand nicht stimmt. Tatsächlich hat es der Kollege versäumt, die Saite unten am Steg korrekt zwischen den Stegstiften einzufädeln. Klar, dass der Ton nicht gut klingen kann!
Das Klavier der Marke Castle wurde in England gebaut. Nein, richtig ist lediglich, dass die Marke ursprünglich aus England stammt. Aus den bis heute erhaltenen Daten über Castle kann man schließen, dass die Firma 1886 gegründet und 1906 das letzte Mal erwähnt worden ist. Das Äußere des Pianos lässt jedoch eher auf Mitte 1900 schließen. Innen im Klavier ist ein Aufkleber mit chinesischen Schriftzeichen. Bei meinen überregionalen Fahrten durch Bayern habe ich auch schon alte Klaviere aus China gestimmt. Zum Beispiel der mittlerweile größte Klavierhersteller Pearl River wurde bereits 1956 gegründet. Aus dieser Zeit habe ich ich einem Keller unter einer Wendeltreppe ein Kleinklavier gestimmt, dass von ähnlicher Qualität war. Daher ist die Vermutung eine mögliche Erklärung. Da es inzwischen Marken wie Ritmüller gibt, die lange Zeit nachdem das letzte Klavier die deutsche Fabrik verlassen hat, eben von Pearl River übernommen worden ist und heute auf Klavieren Made in China steht, ist der Gedanke naheliegend.